Anfang der Woche, am Montag den 23. Februar fand im Willy-Brandt-Haus in Berlin die Freihandelskonferenz statt, zu der die SPD und die SPD-Bundestagsfraktion eingeladen hatten. Momentan gibt es in der deutschen Sozialdemokratie kaum eine Diskussion, die so leidenschaftlich geführt wird wie die Diskussion um die Abkommen mit den Kürzeln CETA, TTIP und TISA. Ich teile hierbei die Position des Bundesverbandes der Jusos.
Das ausgehandelte Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada, ist in der Hauptsache ein Deregulierungsabkommen. Dasselbe ist für das noch in der Verhandlungsphase stehende Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA zu befürchten. Auch das geplante Dienstleistungsabkommen TISA ist für mich unvereinbar mit den Grundwerten sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik, da es die weitreichende Privatisierung von Bereichen vorantreiben würde, die nach meiner festen Überzeugung in die öffentliche Hand gehören, und nicht den Gewinninteressen von Konzernen untergeordnet werden dürfen. Neben der Privatisierung der Daseinsvorsorge, und der Absenkung europäischer Verbraucher-, Umwelt-, Arbeitsrechts- und Datenschutzstandards, droht noch eine weitere Gefahr für die Demokratie von den drei geplanten Abkommen auszugehen. Die Einrichtung privater Schiedsgerichte, die Entscheidungen demokratisch legitimierter Institutionen aushebeln können. Diese Schiedsgerichte, die sich hinter dem wenig bedenklich klingenden Wort „Investitionsschutz“ verbergen, sind in CETA schon vorgesehen. Die Beschlüsse des Parteikonvents vom September 2014 sind für uns die Richtlinien für die Zustimmung zu diesen Abkommen. CETA genügt diesen Richtlinien nicht, deshalb ist dieses Abkommen abzulehnen. Für TTIP erwarte ich von unserem Wirtschaftsminister und Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel, dass er auf die Umsetzung dieser Richtlinien die er zusammen mit dem DGB formuliert hat drängt. Gelingt ihm das nicht, ist auch TTIP abzulehnen. Ich wünschen mir von Sigmar Gabriel, dass er die Gegner der Abkommen, die auch (und vor allem) an der SPD-Basis stark vertreten sind, ernst nimmt. Denn das sind wirklich besorgte Bürger, deren Befürchtungen man ernst nehmen muss. Alle Bemühungen zum Dialog, zu mehr Transparenz und zu einer intensiven aber sachlichen Debatte zu CETA, TTIP und Co. machte Sigmar Gabriel in Davos mit der Bemerkung zunichte, in Deutschland seien die Abkommen vielleicht deshalb schwer durchzusetzen, weil wir ein Land seien dass reich und hysterisch sei. Diese Verunglimpfung der Wähler und eines großen Teiles (vielleicht des größten Teiles?) seiner eigenen Partei bedaure ich. Auch seine Argumentation, man müsse CETA nun zustimmen, da sonst die Amerikaner mit den Chinesen eigene Standards setzen würden, finde ich problematisch. Politiker können nicht jahrelang unter Ausschluss der Öffentlichkeit und der Parlamente verhandeln, am Ende einen Vertrag vorlegen, der den Unternehmen Gewinnsteigerung durch Deregulierung auf dem Rücken der Verbraucher und der Demokratie verspricht, und dann das Abkommen als „alternativlos“ abnicken, weil sonst angeblich katastrophale Folgen für die Wirtschaft drohen. Das Motto „Friss oder stirb!“ läuft so nicht in einer Demokratie, und schon garnicht in der deutschen Sozialdemokratie. Das mussten vor Sigmar Gabriel schon andere Parteivorsitzende der SPD erfahren.
Von Fabio Calo (stellv. Jusos Kreisvorsitzender Miltenberg)